[FFRL] Bericht aus dem Landtag
U.H.
uwho110 at unitybox.de
Mi Jul 3 19:12:11 CEST 2013
Hallo Leute !
Heute hat sich der Landtag in Düsseldorf im Ausschuß für Wirtschaft,
Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk mit der "Abschaffung der
Störerhaftung" beschäftigt, d.h. er hat eingeladene Sachverständige zu
diesem Thema gehört. Ich hatte gerade Zeit und habe mich 'mal als
Zuhörer dazu gesetzt.
Um es gleich vorweg zu sagen: Ihr habt nichts verpaßt, wenn Ihr nicht da
wart. Wer, wie wir, sich mit der Störerhaftungsproblematik auskennt, hat
alle gebrachten Argumente schon einmal gehört. Mag sein, daß das bei den
Parlamentariern anders gewesen ist. Für die war diese Anhörung ja
letztlich gedacht. Ich hatte jedoch nicht diesen Eindruck. Die
Nachfragen waren allgemein sehr präzise und von Sachkenntnis getragen.
Der Freifunk wurde netterweise auch einmal kurz erwähnt, spielte aber in
der Befragung ansonsten keine große Rolle. Die Problematik der
Störerhaftung wurde hauptsächlich an der WLAN-Nutzung im Hotel- und
Gaststättengewerbe festgemacht. Es gibt einen breiten Konsens unter den
erschienenen "Experten", daß das Instrument der Störerhaftung verändert,
eingeschränkt oder präzisiert werden sollte. Von der Rechtsentwicklung
durch Rechtsprechung verspricht sich keiner der Befragten etwas. Zu
langwierig und zu teuer. Man war sich aber einig darüber, daß die
aktuelle Rechtspraxis nicht mit EU-Recht in Deckung zu bringen ist und
der EuGH wohl gegen die Störerhaftung entscheiden würde. Soweit zu
klagen hat wegen des Kostenrisikos aber bisher niemand gewagt.
Als Sachverständige waren erschienen:
- Prof. Michael Rotert, eco - Verband der deutschen Internetwirtschaft
- Dr. Dieter Frey, FREY Rechtsanwälte
- RA Iwona Husemann, Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V.
- Ulf Buermeyer, Richter am Landgericht Berlin
- Dr. Reto Mantz, Richter am Landgericht Frankfurt am Main
- Dr. Julius Mittenzwei, Chaos Computer Club
Der "Experte" der GEMA glänzte durch Abwesenheit, hatte aber wie alle
anderen schriftlich Stellung genommen. Seine Stellungnahme geht an der
Problematik - wie wir sie sehen - vorbei und thematisiert die
Störerhaftung von Content-Providern. Dieser Haftungsanspruch ist aber
bereits ausreichend durch Gesetz klargestellt. Sechs setzen!
Von den anwesenden Sachverständigen stach nur die Vertreterin der
Verbraucherzentrale gruselig hervor. Nicht nur, daß sie einige
Sachverhalte über die Speicherpraxis von IP-Adressen bei UMTS-Anbietern
mehrfach falsch darstellte und dann sogar von anderen Sachverständigen
korrigiert wurde. Sie favorisierte auch eine Registrierungspflicht für
jeden WLAN-Nutzer, damit Urheberrechtsinhaber Rechtsverletzer belangen
können. Die Verbraucherzentrale hatte hier wohl offensichtlich nicht die
Datenschutzexpertin geschickt. Der Schlußsatz ihrer schriftlichen
Stellungnahme sagt alles: "Sollten Verbraucher als Betreiber eines
offenen WLAN-Anschlusses handeln, könnte es für Rechteinhaber unter
Umständen schwierig sein, ihre Rechte effizient durchzusetzen, wenn die
Störerhaftung abgeschafft wird."
Na toll - wen vertritt die Frau eigentlich? Wohl sicher nicht die
Verbraucher!
Eine Registrierungspflicht wurde von den anderen Sachverständigen
verworfen. Zu groß sind die dadurch entstehenden Pflichten hinsichtlich
Sicherheit und Datenschutz für den WLAN-Betreiber. Auch, und das ist
sicherlich das stichhaltigste Argument, schützt eine Nutzerregistrierung
nicht vor der Störerhaftung. Sie bleibt bestehen, auch wenn man den
eigentlichen Täter benennt. Ein "Abmahnanwalt" hätte dann zwei statt
einem Opfer.
Zusammenfassend kann man aber sagen, daß die Störerhaftungsproblematik
bei den Parlamentariern angekommen ist und auf Landesebene
fraktionsübergreifend ein Interesse an einer Änderung der Rechtslage
besteht. Das TMG ist aber ein Bundesgesetz und könnte nur über den Umweg
über den Bundesrat geändert werden. Wir werden sehen.
Uwe Hohenstein
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